Artful Science I

Brigitte Felderer

Heimat?
In einer Welt, die unter unseren Füßen brennt, entsteht für allzu viele der Eindruck, dass große Institutionen und weiträumige Planungen allein nicht ausreichen, um auf die rasanten Veränderungen gesellschaftlicher Strukturen laufend und vorausjagend zu reagieren.

Beschreibung
Dichte Städte versprechen für jüngere Generationen soziale und ökonomische Möglichkeitsräume, für die Herkunftsorte zurückgelassen werden, für die man gravierende Veränderungen im Leben auf sich nimmt, um voranzukommen und um letztendlich die eigene Existenz zu sichern. Bis 2030 werden allein innerhalb der Stadtgrenzen Wiens zwei Millionen Menschen leben, während die Demographen für den schönen Süden Österreichs hingegen rückgängige Bevölkerungszahlen prognostizieren.
Doch Druck entsteht nicht nur durch demographische Änderungen. Die diskutierten Einsichten, Aktionen und Prozesse lassen uns unmittelbar verstehen, dass Heimat nicht mehr unbedingt mit einem konkreten Ort und wohl eher mit einem Lebensstil oder der Zugehörigkeit zu einer Gruppe zu tun hat.
Die Verhältnisse zwingen zu der paradoxen Forderung, sich ständig neu erfinden zu müssen und dabei Stabilität anzustreben, für sich selbst, für die Gesellschaft um uns, für die Kinder, die man aufzieht oder einmal haben wird.

Die Verhältnisse zwingen zu der paradoxen Forderung, sich ständig neu erfinden zu müssen.

Welche Role Models sollen noch Gültigkeit erhalten, wenn sich die Kontexte von Kulturen, von Ökonomien, von Medien laufend verschieben? Wie verorten sich Menschen in einer beschleunigten Gesellschaft, die so hohe Flexibilität und Verfügbarkeit voraussetzt, als ginge es vor allem darum, an den Rotationen des Konsums teilzuhaben? Wenn die Funktionalität komplexer Gesellschaftsstrukturen an die Austauschbarkeit ihrer Menschen gekoppelt ist, wie kann sich noch die Sinnhaftigkeit einer nicht selten prekären Existenz einstellen? Wo stehen wir in einer solchen Welt? Welchen Platz nehmen wir uns?
Diese wuchtigen Fragen werden von einer jungen Generation angestoßen. Und, letztlich sind es die Fragenden selbst, die auch versuchen, eigene Antworten zu entwickeln, anzupacken, mit ihren höchstpersönlichen Zugängen und allem gebotenen künstlerischen Mut.

 

Termine

November 18, 2016 13:00-17:00
Making Heimat. Germany, Arrival Country, Katalog zur gleichnamigen Ausstellung im deutschen Pavillon bei der diesjährigen Architekturbiennale in Venedig, Hatje Cantz: Ostfildern 2016
Vilém Flusser: Von der Freiheit des Migranten: Einsprüche gegen den Nationalismus, Philo: Berlin/Wien 2000
Ders.: Heimat und Heimatlosigkeit, supposé: Köln 1999

December 2, 2016 13:00-17:00
Österreich von außen

January 13, 2017 13:00-17:00
Zygmunt Bauman: Strangers at Our Door, Polity Press, Cambridge, (dt. Übers. Die Angst vor den anderen. Ein Essay über Migration und Panikmache. Suhrkamp, Berlin), 2016
Ruth Wodak: The Politics of Fear. What Right-Wing Populist Discourses Mean, Sage, London/N.Y. et al., 2015 (dt. Übers.: Politik mit der Angst. Zur Wirkung rechtspopulistischer Diskurse, Edition Konturen Wien 2016)

January 20, 2017 13:00-17:00
“Jetzt weiß ich weiter” (Ludwig Wittgenstein: Philosophische Untersuchungen)

 

Prüfungsmodalitäten
Anwesenheit, Präsentation, Paper

LV-Anmeldung
Per E-Mail: This email address is being protected from spambots. You need JavaScript enabled to view it.
Institut für Kunst und Gesellschaft, Social Design
Vorlesungen (VO), 2.0 SemStd., LV-Nr. S00171

Time
Winter Term 2016
Location
Social Design Studio
Team
Brigitte Felderer
Links
base.uni-ak.ac.at/courses/2016W/S00171/